Erfahrungsbericht von Tim Keller - Lernender der Liip AG
Als ich zu Beginn des dritten Sekundarschuljahres in unserem Wahlfachangebot Informatik sah, erhoffte ich mir, viel zu lernen. Weil ich eine Informatikerlehre plante, meldete ich mich direkt an.
Im Gespräch mit Freunden erfuhr ich, dass es nichts mit Informatik, wie ich es mir vorstelle, zu tun hat: gelehrt wird die Formatierung irgendwelcher Word Dokumente. Dass ich mich gegen dieses Fach entschied, ist selbstredend. Was aber muss eine Sekundarschule den Schülern bieten, um sie im Fach Informatik für die Zukunft zu rüsten?
Die Grundlagen meiner Generation
Im Informatikunterricht der Oberstufe lernen wir Grundlegendes über Computerbedienung und die Office Programme. Für die Zukunft ist es praktisch, wenn ich weiss, wie ich einen Computer einschalte und mit den Microsoft Office Programmen umgehen kann – zum Beispiel wenn ich eine Kaufmännischen Lehre absolvieren will.
Ich finde den Namen des Faches falsch gewählt. In unserer Generation wachsen alle, die ich kenne, mit Computern auf. Ich habe unzählige Vorträge und Dokumente in Microsoft Word geschrieben – was meine Eltern noch mit Plakaten oder handgeschriebenen Briefen erledigten. Uns hätte zu diesem Zeitpunkt allerdings alle interessiert, mehr über das Internet und das Programmieren zu erfahren.
Kollegen an anderen Schulen bauten im Informatikunterricht eigene Webseiten mit JavaScript Elementen. So etwas hätte auch ich mir gewünscht. Bei uns mussten die Schüler lernen wie der Zeilenabstand in einem Word Dokument um einen Millimeter vergrössert werden kann. Zusätzlich gab es auch noch Prüfungen, welche grosse Vorbereitung erforderten.
Bereit fürs Berufsleben?
Als ich meine Lehre zum Informatiker mit der Fachrichtung Applikationsentwicklung bei Liip begonnen habe, bestätigte sich mein Gedanke, dass unser Schulfach besser „Office Grundkurs“ genannt werden sollte. Oder der Inhalt des Faches grundlegend geändert werden sollte. Seit ich in der Lehre bin, musste ich noch nie in einem Dokument den Zeilenabstand erhöhen oder in einer Excel Tabelle zwei Felder zusammenfügen. Vielmehr arbeite ich an Webseiten und mit verschiedenen CMS und Frameworks.
All diese, doch sehr interessanten Dinge, wurden in unserem Informatikunterricht nicht einmal erwähnt. Dabei wären Grundkenntnisse in verschiedenen Programmier- und Script-Sprachen interessant und nützlich für den Lehrbeginn als Informatiker.
Was ist also mein Anspruch an die Sekundarschulen?
Ich bin der Meinung , dass an meiner Schule zwei verschiedene Wahlfächer angeboten werden sollten. Der Office Grundkurs ist sicher etwas Nützliches, insbesondere wenn man eine kaufmännische Lehre plant und wird Schüler während ihrer gesamten Lehr- und Arbeitszeit helfen . Sei es für Projektarbeiten, Dokumentationen, einen Lebenslauf oder für Präsentationen.
Wenn die Schule jedoch ein Fach Informatik anbietet, sollte es auch Themen der Informatik beinhalten. Dies bedeutet, uns Schülern Einblicke in die Welt der Informatik zu geben. Was mir nicht bekannt war, und ich auch in der Schule nicht erfahren habe, ist, wie abwechslungsreich der Beruf ist. Keiner meiner Mitschüler in der Berufsschule arbeitet an derselben Aufgabe wie ein anderer.
Es sollte schon in der Sekundarschule gezeigt werden, wie viele Möglichkeiten und Weiterbildungswege es in der Informatik gibt. Und zudem würde es uns im Berufsleben sicher nicht schaden, wenn wir schon einmal selber ein paar Zeilen Code geschrieben und vor allem logisch an Probleme herangegangen wären und sie gelöst hätten.