Der TCS wollte einem breiten Publikum den Zugang zu nützlichen und verständlichen Informationen im Zusammenhang mit rechtlichen Fragen aus verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens bieten. Zudem wurde der Online-Dienst lexCall für eine begrenzte Zielgruppe entwickelt. Über lexCall können die Versicherten des TCS dank der Technologie WebRTC (Voice over IP), mit einem Telefonanruf aus einem Webbrowser, direkt mit den TCS-Rechtsschutzrechtlern in Kontakt treten. Pascale Hellmüller erklärt, wie der Einsatz der Scrum-Methode die Online-Schaltung dieser Plattform innert der gesetzten Frist und zur Zufriedenheit der Endnutzer möglich gemacht hat.
Liip hat das TCS-Projektteam während der gesamten Entwicklungsphase dieser Multiservice-Plattform begleitet.
Eine Premiere im Bereich der Rechtshilfe
Liip: Was ist lex4you? Und was hat der Dienst für einen Zweck?
Pascale Hellmüller: lex4you ist eine interaktive Web-Plattform für Rechtsauskünfte. Drei Dienstleistungen werden angeboten. lexSearch bietet nützliche und verständliche Informationen zu Rechtsfragen in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens. lexForum bietet den Nutzern die Möglichkeit sich über ihre Erfahrungen im Zusammenhang mit rechtlichen Fragen austauschen. lexCall ermöglicht eine begrenzte Zielgruppe, insbesondere die TCS-Versicherten im Bereich Rechtsschutz, sowie die Versicherten bestimmter B2B-Partner, rechtliche Auskünfte online direkt von einem Rechtsexperten über Voice over IP in Anspruch zu nehmen.
Wie war die Situation vor lex4you?
Im Gegensatz zur Konkurrenz hatte der Rechtsschutz des TCS keinen Dienst für telefonische Rechtsauskünfte im Angebot. Diese Dienstleistung konnte nur auf Kulanzbasis angeboten werden. Wir wollten uns im Wettbewerb positionieren und diesen Service unseren Versicherungsnehmern auf innovative Weise anbieten.
Wie ist die Situation nach dem Go-live von lex4you?
lex4you hat zum Ziel, unsere Versicherten zu informieren – zunächst auf der Web-Plattform selbst (freier Zugang zu Texten und Dokumenten sowie zum Forum) und in einem zweiten Schritt per Telefon über den Dienst lexCall. Die Rechtsexperten beantworten die Anrufe direkt und geben den Versicherten sofort Auskunft. Wir unterstützen unsere Versicherten in rechtlichen Situationen, in denen sie sich machtlos fühlen. Wir geben ihnen Orientierungshilfe, auch wenn kein Rechtsstreit besteht. Auf der Plattform lex4you können die Versicherten auch einfach um einen Rückruf während der Geschäftszeiten bitten. Wir wollten zwischen unseren Rechtsexperten und unseren Versicherten mehr Nähe schaffen und dadurch unseren Kundendienst stärken.
Wie lief das Projekt ab?
Wenn ich das Projekt in zwei Worten zusammenfassen müsste, würde ich sagen: wagen und lernen. Es handelte sich dabei auf gewisse Weise um ein Wagnis, das sich als extrem positiver Lernprozess erwiesen hat – in jeder Hinsicht und für alle Beteiligten. Wir hatten keine digitale Erfahrung im Versicherungsbereich. Der Einsatz der Scrum-Methode war für mich neu. Die Organisation in Projektform, bei welcher der Akzent auf eine partizipative Dynamik sämtlicher Stakeholder gelegt wurde, war ebenfalls neu für die Leitung der betreffenden Geschäftseinheit.
Der agile Ansatz ist anspruchsvoll. Er impliziert ein rigoroses Vorgehen sowie die Definition und Einhaltung eines gewissen Rahmens. Dieser Rahmen wurde zusammen mit der Leitung der Geschäftseinheit definiert. Dadurch konnte das Projektteam bei Entscheidungen im Zusammenhang mit der Entwicklung autonom bleiben.
Im Scrum-Ansatz wird in kurzen Zyklen von einigen Wochen gearbeitet. Daraus lassen sich alle drei Wochen Erkenntnisse ziehen. Sobald man anerkennt, dass man lernfähig ist und sich anpassen kann, wird alles möglich. Mit dem richtigen Partner und der richtigen Geisteshaltung gibt es keine Hindernisse und am Ende funktioniert alles.
Liip ging sehr kreativ vor, um uns die Arbeit zu erleichtern.
Die Vorteile der Scrum-Methode
Was waren die überzeugenden Argumente für den Einsatz einer agilen Methodik?
Wir standen unter Zeitdruck. Die neue Plattform lex4you musste in zehn Monaten lanciert werden. Wir mussten also einen Ansatz wählen, mit dem wir diese Frist einhalten konnten. Wir wollten auch eine Lösung, mit der wir – abgestimmt auf die Bedürfnisse unserer Versicherten und unserer Organisation – zuerst die Basisfunktionen entwickeln und danach die Plattform auf dieser Grundlage aufbauen konnten. Der Waterfall-Ansatz erwies sich als weniger geeignet und im Allgemeinen kostspieliger in einem solchen Fall. Die Scrum-Methode erfüllte somit unsere Bedürfnisse in zeitlicher Hinsicht sowie bezüglich der schrittweisen Entwicklung der Funktionalitäten am besten.
Was ich am agilen Ansatz sehr mag, ist, dass jedes Problem wie ein Geschenk ist, denn mit dieser Methode kann das Problem bereits in der Entwicklungsphase identifiziert und die entsprechende Lösung sofort im Prozess integriert werden.
Was waren die Vorteile beim Einsatz dieser Methode?
Wir haben das Projekt intern gemäss der üblichen Vorgehensweise initiiert. Bereits vor der Zusammenarbeit mit Liip hatten wir an der Definition des Dienstes sowie dessen Funktionalitäten gearbeitet. Um im Einklang mit der Scrum-Methode zu bleiben, mussten wir das bestehende Konzept zerlegen, um es danach schrittweise wieder aufzubauen. Auf diese Weise konnten wir von der Erfahrung der Co-Kreation mit Liip profitieren.
Dieser partizipative Ansatz hat nicht nur das interne Projektteam und Liip, sondern auch unsere Leitung an einen Tisch gebracht. Die Nutzer der Plattform sowie die an der Vermarktung und Verwaltung des Dienstes beteiligten Parteien (Rechtsexperten, Verantwortliche des zukünftigen Dienstes, Vertreter von Vertrieb und Marketing) wurden in die aufeinander folgenden Testphasen miteinbezogen. Sie alle konnten ihre Meinung in Bezug auf die entwickelten Funktionalitäten äussern, und wir konnten dies während der darauf folgenden Entwicklungsphasen berücksichtigten.
Nach Abschluss des Projekts war die schönste Rückmeldung, die ich von der Leitung erhalten habe: «Wir verstehen jetzt den Ansatz, und wenn wir das Ganze nochmals machen müssten, würden wir es genau gleich handhaben.»
Eine innovative technologische Lösung
Aus welchen Gründen haben Sie sich bei Ihrem Dienst lexCall für die Technologie WebRTC entschieden?
Die Idee war anfänglich, ein klassisches Callcenter zu errichten, dabei wären wir von Telefonbetreibern abhängig gewesen. Die Wahl der Web-Lösung hat zu einer grösseren Autonomie sowie zu mehr Flexibilität bei der Entwicklung unseres Dienstes lexCall geführt.
Diese responsive Website ist mit einer WebRTC-Funktionalität («Real Time Communication») ausgestattet. Mit dem Dienst lexCall können die Versicherten unsere Rechtsexperten dank der Voice-over-IP-Technologie ohne zusätzliche Kosten kontaktieren, wenn sie sich über einen Computer oder ein Tablet verbinden, oder im Rahmen ihrer Telefonpauschale, wenn sie sich über ihr Smartphone verbinden.
Wir haben ebenfalls die Chance erkannt, uns damit von unseren Konkurrenten abzuheben. Mit dieser digitalen Lösung gibt es keine Warteschlange. Auf der Website ist in Echtzeit ersichtlich, ob ein Rechtsexperte verfügbar ist, um den Anruf in einer der drei angebotenen Sprachen (Französisch, Deutsch, Italienisch) zu beantworten. Wenn während der Geschäftszeiten kein Rechtsexperte verfügbar ist, kann der Versicherte um einen Rückruf bitten.
Welche Vorteile hat der Einsatz der WebRTC Technologie?
Der Versicherte, der unseren lexCall Service nutzt, ist auf der Plattform eingeloggt. Das System kontrolliert, ob der Versicherte die Bedingungen für den Zugang zu lexCall erfüllt. Falls nicht, wird der Versicherte über das weitere Vorgehen informiert, um (wieder) vom Dienst profitieren zu können.
Der Rechtsexperte, der den Anruf eines Versicherten beantwortet, muss diesen somit nicht identifizieren. Dies führt im Vergleich zu einem klassischen Callcenter zu einem Zeitgewinn und zu mehr Sicherheit.
Wir haben ebenfalls die Möglichkeit, lexCall jederzeit mit einem Klick zu aktivieren oder zu deaktivieren. Dies ermöglicht eine bessere Kostenkontrolle, insbesondere in Bezug auf die Rückrufe, die über das Standardtelefonnetz erfolgen. Diese Web-Lösung bringt uns mehr Flexibilität bei der Verwaltung des Dienstes.
Während der Vorführung am Ende von «Sprint Nr. 5» erkannte ich, dass die Plattform tatsächlich Form annimmt. Ich habe mit grosser Freude gemerkt, dass wir wirklich dabei waren, das Projekt durchzuziehen. Es war sehr vielversprechend. Wir waren alle an einem Tisch versammelt – Liip und das TCS-Projektteam. Zusammen haben wir Lösungen gefunden und das, was wir uns vorgestellt hatten, in eine konkrete Form gebracht. Es war fantastisch. Diese Nähe hat wirklich gezeigt, dass kollektive Intelligenz zu Spitzenleistungen führt. Zudem wird dadurch ein Silodenken beinahe unmöglich.