Als solcher kann ich mich glücklich schätzen, in einer Firma zu arbeiten, die bereits bei ihrer Gründung vor über zehn Jahren einen vierwöchigen Vaterschaftsurlaub einführte. Aber was bedeutet Elternzeit überhaupt und wie gestaltet sie sich genau? Das finden wir heraus.

Es sind keine Ferien

Im Bezug auf Männer spricht man im Deutschen bei Elternzeit von «Vaterschaftsurlaub», was irreführend ist. Obwohl ich während dieser Zeit nicht zur Arbeit gegangen bin, habe ich meine Tage nicht damit verbracht, Bücher zu lesen, Museen zu besuchen oder ins Ausland zu reisen. Ich habe Zeit mit den für mich wertvollsten Menschen verbracht: mit meiner Familie.

Eine sehr emotionale Zeit

Um das zu verstehen, müssen wir die Zeit um zweieinhalb Jahre zurückdrehen. Mein erstes Kind war gerade geboren worden und all meine diesbezüglichen Erwartungen hatten sich in Luft aufgelöst. Es war eine sehr emotionale Zeit. Rückblickend bin ich wirklich froh, dass ich diese paar Wochen zur Verfügung hatte, um mich in einem neuen Alltag zurechtzufinden und zu erfahren, was es bedeutet, sich um ein so winziges Wesen zu kümmern, das komplett von seinen Eltern abhängig ist. So konnte ich in einer schwierigen Phase für meine Partnerin da sein und gleichzeitig eine Bindung zu diesem neugeborenen, winzigen Menschlein aufbauen.

Letztendlich war es eine ziemlich romantische Zeit, natürlich mit allen obligaten Höhen und Tiefen. Ich war von Gefühlen überwältigt, gleichzeitig völlig hilflos und glücklicher, als ich es jemals für möglich gehalten hätte. Aus Tagen wurden Monate, aus Monaten wurden Jahre und wir bekamen ein zweites Kind. Mit etwas mehr Erfahrung wussten wir diesmal, wie wir uns vorbereiten können und was auf uns zukommt. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass einem die Erfahrungen mit einem Kind wenig helfen, wenn ein zweites dazukommt – das ist eine völlig neue Welt.

Die Geheimwaffe

Um sicherzugehen, genügend Zeit als Familie zu haben und so wenig Zeit wie möglich im Spital verbringen zu müssen, fuhren wir nur wenige Stunden nach der Geburt nach Hause und erholten uns den ganzen Tag, bevor der nun ältere Bruder von den Grosseltern zurückkam. Da waren wir nun, eine vierköpfige Familie: Eine Mutter wenige Stunden nach der Entbindung, ein Neugeborenes, das geliebt werden will, ein grosser Bruder, der nicht ganz versteht, was gerade passiert ist und ich – ein Vater mit einer Geheimwaffe: vier Wochen Vaterschaftsurlaub.

In den ersten Tagen ging es hauptsächlich darum, dass sich die Eltern erholen können, ohne dabei die Kinder zu vernachlässigen. Das galt besonders für den älteren der beiden Geschwister, der bis dahin die Hauptattraktion unserer Familie war, mit zwei Elternteilen, die stets für ihn da waren. Wir verwendeten viel Zeit und Energie darauf, mit ihm zu reden und ihn auch bei den neuen Alltagsabläufen dabei sein zu lassen, damit er sich einbezogen und nicht fehl am Platz fühlt. Die Veränderung, die er dabei durchmachte, ist bemerkenswert. Das bisherige Einzelkind wurde innerhalb weniger Wochen zum grossen Bruder, der sich so gut es geht um seinen jüngeren Bruder kümmert. Ein Bruder, der das Baby streichelt, wenn es traurig ist, und uns Raum gibt, wenn es nötig ist, seinerseits aber auch seinen Raum einfordert. Ich bin erstaunt und sehr glücklich, dass ich da sein und diese Entwicklung aus nächster Nähe miterleben konnte.

Mein Vaterschaftsurlaub war dadurch geprägt, Bindungen aufzubauen, Grenzen auszuloten und einen neuen Rhythmus zu finden, so gut das in dieser Zeit möglich war. Neben den eher romantischen Momenten waren wir – ich kann das nicht genug betonen – vor allem mit Windeln wechseln, Wäsche waschen, Haushalt und vielen anderen Aufgaben beschäftigt. Wir konnten diese aber gemeinsam als Familie und ohne allzu viel Stress bewältigen. (Viel war es trotzdem.)

Gemeinsam die Zukunft gestalten

Ich fand es schwierig, dieses Nest wieder zu verlassen, und nach all der warmen und wohligen Zeit mit meiner Familie wieder zur Arbeit zu gehen. Ich habe das Gefühl, wir hatten die Möglichkeit, ein starkes Fundament für unsere gemeinsame Zukunft zu legen, das uns dabei helfen wird, zukünftige Hindernisse zu überwinden. Als Vater bin ich ein wichtiger Teil dieses Abenteuers und spiele nicht nur eine Nebenrolle in meiner eigenen Geschichte.
Was ist Elternzeit? Es ist Zeit, die man mit seiner neuen Familie verbringen kann. Die Gelegenheit, für die Kinder, die man auf die Welt gebracht hat (oder zumindest dazu beigetragen hat) da zu sein. Elternzeit heisst auch, mit einem Kind in der Babytrage die Wohnung zu putzen.

Eines ist sicher, es sind keine Ferien, denn man ist oft erschöpft. Aber auf eine gute Weise. Es ist die Art Erschöpfung, die einem das Gefühl gibt, etwas Grosses geleistet zu haben. Für sich selbst als Mensch, für sich und den Partner als Paar und für die nächste Generation.

Danke Liip, dass ihr das möglich macht.