Veröffentlicht in: ICT Jahrbuch 2012 (C) Netzmedien AG
Am Anfang des Internets stand der Antrieb, Wissen auszutauschen, dann kam die Kommunikation zwischen Menschen dazu. Immer ging es um Daten. Mittlerweile sind die Datenbanken gewachsen. Aber wer darf die Daten nutzen? Open-Data-Anwendungen schaffen eine neue Wertschöpfung â fĂŒr BĂŒrger wie Konsumenten.
Staaten sammeln Daten aufgrund eines politischen Auftrags und stĂŒtzen sich auf eine gesetzliche Grundlage. Wer das Nutzungsrecht fĂŒr diese Daten hat, ist somit einfach zu beantworten: die Allgemeinheit. Wir alle finanzieren ihre Erhebung, Pflege und Publikation mit unseren Steuergeldern und allerlei GebĂŒhren. Nicht nur die GebĂŒhrenpflicht, sondern auch die fĂŒr die automatisierte Verarbeitung oft ungeeignete Aufbereitung der Daten verhindert Innovation.
Forderung nach Open Government Data
Der Open-Data-Ansatz fordert einen offenen Zugang der Allgemeinheit zu Regierungs- und Verwaltungsdaten. Das etwas unangenehme GefĂŒhl, das uns bei dieser Vorstellung vielleicht beschleicht, relativiert sich mit der Feststellung, dass es sich im Fall von Open Government Data weder um personenbezogene noch um sicherheitsrelevante Daten handelt. Wir alle wissen aus eigener Erfahrung als BĂŒrger, Konsumenten, aber auch als ICT-Angestellte wie -Unternehmer, dass auch in der Schweiz die Behörden schon heute eine Unmenge von Daten ins Web stellen.
Die Veröffentlichung geschieht jedoch vielfach in Form von Dokumenten, den digitalen Pendants zu den Papierakten von frĂŒher. Zwar sind diese durchsuchbar, wie unbefriedigend die Suchresultate aber sein können, hat wohl jeder von uns schon erfahren. Der Open-Data-Bewegung geht es aber nicht nur um die Möglichkeit, Behördendaten einfacher zu durchsuchen, sondern um deren Wiederverwendbarkeit fĂŒr Allgemeinheit und Wirtschaft. Was die Bewegung fordert, ist ein offener Zugang zu Daten in maschinenlesbarer Form. Erst diese Befreiung der Daten aus ihren meist unzugĂ€nglichen Speichern ermöglicht eine neue, in ihrem Ausmass betrĂ€chtliche Wertschöpfung.
In angelsÀchsischen LÀndern, zunehmend aber auch in Kontinentaleuropa, haben Regierungen den «Open-Data-Weg» bewusst eingeschlagen, weil sie den Nutzen erkannt haben. Mit Open Data schaffen sie Transparenz und Innovation und erzielen Kosteneinsparungen. In der Schweiz stehen wir auf der politischen Ebene am Anfang dieses Wegs. Das technologische, gesellschaftliche und nicht zuletzt auch das wirtschaftliche Innovationspotenzial rechtfertigt es, dass Behörden und Zivilgesellschaft ihn gemeinsam einschlagen.
Grosses wirtschaftliches Innovationspotenzial
Der wirtschaftliche Nutzen von Open Data liegt insbesondere in zwei Bereichen: erstens im Aufbau neuer Modelle von Journalismus auf der Basis von Datenanalyse, Dateninterpretation und Datenvisualisierung. Medienverlage im angelsĂ€chsischen Raum spielen hier die klare Vorreiterrolle, wie etwa der «Guardian» in Grossbritannien, um nur ein Beispiel zu nennen. Zweitens besteht ein immenses Potenzial in der Entwicklung von Applikationen, die Open Data fĂŒr die verschiedensten Lebensbereiche und Lebenssituationen nutzbar machen.
WĂ€hrend die Wertschöpfung im Falle des Datenjournalismus primĂ€r den Medienverlagen zugute kommt, können im Applikationsbereich viele verschiedene Akteure profitieren. Die Wertschöpfung auf der Basis offener, maschinenlesbarer Daten ist umso grösser, weil die zu tĂ€tigenden Investitionen fĂŒr die Applikationsentwickler, ihre Auftraggeber wie fĂŒr die Nutzer tief sind. Zudem werden Wettbewerbsverzerrungen ĂŒberwunden, weil kleine wie grosse Wiederverwender der Daten gleich lange Spiesse haben.
Open Data als Ressource neuer Anwendungen
Die Vision ist, Daten fĂŒr alle kostenlos zugĂ€nglich zu machen: Darunter fallen unter anderen MobilitaÌts-, Umwelt-, Gesundheits- und Infrastrukturdaten. Ihre wechselseitige VerknĂŒpfung bildet ein immenses Feld an Möglichkeiten fĂŒr innovative Applikationen und Visualisierungen, die sowohl durch ihren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen wie auch durch ihre EindrĂŒcklichkeit die Anbieter, Anwender und Konsumenten zu begeistern vermögen.
In diesem Bewusstsein wagt sich in diesem Jahr mit ZĂŒrich die erste grosse Schweizer Stadt daran, mit einem eigenen Datenportal den notwendigen Zugang zu schaffen. Weitere StĂ€dte, Kantone wie auch der Bund werden folgen. Dass die Zeit fĂŒr Open Data auch in der Schweiz reif ist, beweist das wachsende, positive Interesse von Behörden und Zivilgesellschaft fĂŒr das Thema.